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Das N900 Tagebuch von Rasmus99

Spätestens einen Tag nachdem ich von Nokia ein N900 Handy zum Testen erhalten habe, habe ich es bereut. Aber dennoch habe ich hier was drüber geschrieben, und im Smartphone Hands-On wurde mein Eindruck von den anderen fast durchwegs bestätigt. Durchwegs? Nein, ein Teilnehmer, Rasmus99 hat mir gesagt er wolle sich das N900 wirklich kaufen, als Ersatz für sein P990i von Sony Ericsson. Mutig, dachte ich, und da ich mein N900 nicht mehr wollte, hab ichs Rasmus99 versprochen. Leider konnte ich das N900 nicht ohne vertiefte Programmierkenntnisse auf den Auslieferungszustand zurücksetzen, worauf ich die Nokia Agentur gebeten habe, dem Rasmus99 ein Testgerät zukommen zu lassen. Hier nun sein Tagebuch über seine Erfahrungen mit dem N900.

  • Sommer 2009
    Habe gelesen, dass Nokia eine neue Generation von Handys rausbringt: N97 heisst das Ding und die Berichte darüber sind verheissungsvoll. Ich will endlich mein Sony Ericsscon 990i loswerden und habe mich entschieden, mein Geschäftstelefon privat zu erneuern, da die Firma nichts anständiges anbietet. Das N97 wird mein neues Handy, ich freue mich!
  • Herbst 2009
    Habe gelesen, dass Nokia eine neue Generation von Handys rausbringt: N900 heisst das neue Flagschiff und soll auf einer Linux-basierten Telefonsoftware namens Maemo aufbauen. Ich bin begeistert. Das N900 wird mein neues Handy, ich freue mich!
  • Winter 2009/2010
    Alle Freunde rund um mich herum haben iPhones. Soll ich auch? Nein, diese Uniformierung der Handywelt passt mir nicht. Ich will Individualität! Kommt mir ein bisschen so vor wie bei der Frauenmode: jede Frau will individuell sein, kauft aber dann doch bei Esprit.
    Nein, ein Apfeltelephon kommt mir nicht ins Haus.
  • Weihnachten 2009
    Ich schenke meiner Frau ein neues Handy: ein N97 Mini. Läuft ordentlich.
  • Frühling 2010
    Das N900 ist immer noch nicht auf dem Markt und ich telefoniere immer noch mit meiner SonyEricsson-Gurke.
  • 6. März 2010
    Ich konnte bei www.leumund.ch an einem Smartphone-Gipfel teilnehmen. Hatte das erste Mal ein N900 in den Händen. Ein bisschen klobig, aber nicht schlimm. Hat auch eine ausklappbare Tastatur sowie ein Stift, um den Tochscreen zu bedienen. Alle am Smartphone-Gipfel schnöden über das neue Nokia-Teil. Ich halte sie für Steve-Jobs-Fundis und gebe ihnen kein Gehör. Mir gefällt das N900. Ich will immer noch ein N900. Mein nächstes Handy ist ein N900! Glücklich gehe ich vom Smartphone-Gipfel nach Hause.
  • 7. März 2010
    Ich nehme mit Leu Kontakt auf und er will mir ein N900 zu Testzwecken besorgen.
  • 11. März 2010
    Die PR-Firma hat meine Adresse erhalten und verspricht mir, das Teil zuzusenden.
  • 12. März 2010
    Ich eile zum Briefkasten, das Handy ist noch nicht da.
  • 13. März 2010
    Ich eile zum Briefkasten, das Handy ist noch nicht da.
  • 14. März 2010
    Ich eile zum Briefkasten, das Handy ist noch nicht da.
  • 15. März 2010
    Ich eile zum Briefkasten, das Handy ist noch nicht da.
  • 16. März 2010
    Ich eile zum Briefkasten, das Handy ist noch nicht da.
  • 17. März 2010
    Ich schreibe das Handy ab…
  • 20. April 2010
    Ich setzte mich mit der PR-Firma in Kontakt und frage, ob ich das N900 erhalten kann. Ja, wir haben es nicht vergessen, aber du musst dich noch ein bisschen gedulden.
  • 14. Mai 2010
    Habe gehört, dass demnächst eine Pressekonferenz stattfindet, in welcher Steve Jobs das neue iPhone präsentiert. Diese will ich mir reinziehen. Brauche nun wirklich ein neues Handy und gebe auch stillosen Massenprodukten eine Chance?
  • 15. Mai 2010
    Ich habe einen gelben Zettel im Briefkasten! YES, DAS TEIL IST DA! *MEGAFREU*
  • 16. Mai 2010
    Ein Tag, vollgepackt mit Sitzungen. Schaffe es erst über Mittag, auf die Post zu gehen. Zurück ins Büro, Packung aufreissen, Handy raus, an die Sitzung, an Steckdose anschliessen!
    Sitzung fertig, bemerkt dass Handy nicht geladen hat, da ich den Akku nicht eingesetzt habe… War wohl ein bisschen nervös. Musste über mich lachen, kam mir vor wie ein Teenager vor dem ersten Liebesakt. Simcard (normale Grösse, keine Micro-Sim) rein, Akku rein, laden.
    Das Teil hat Leben eingehaucht… Erste SMS treffen ein! Ich kann sie lesen! Toll!
  • 17. Mai 2010
    Trage heute Jeans. Das Handy geht flott in die Hosentasche und liegt nicht stark auf. Kann mich gut bewegen, das Gewicht des Handys fällt nicht ins Gewicht. Bin gut unterwegs mit meinem neuen Handy.
    MMS kann es von Haus aus nicht. Es gibt aber eine App, die man installieren kann. Schaffe die Installation irgendwie nicht. Habe immer noch kein MMS, muss sie über die Swisscom-Seite anschauen.
  • 18. Mai 2010
    Habe an Leus Smartphone-Gipfel gesehen, dass das N900 ein neckisches Ständerchen hat. Suche es und finde es nicht. Nachdem ich die Bedienungsanleitung konsultiert habe, finde ich es. Ich bin ein DAU!
    Schreibe das erste Mal eine SMS mit der ausziehbaren Tastatur. Mache viele Schreibfehler, da meine Finger vom Typ „Patschhändchen“ sind und nicht die Filligranität eines Klavierspielers aufweisen. Bin zuversichtlich, das in den Griff zu kriegen.
    Mitten im SMS schreiben ruft mich meine Frau an, das Display wechselt von waagrecht auf senkrecht. Nehme den Anruf an und höre meine Frau sehr schlecht. Stelle im Gespräch fest, dass ich das Handy verkehrt ans Ohr gehabt habe und drehe es um 180°. Höre meine Frau nun laut und deutlich… die Sprachqualität ist gut. Wir besprechen, was wir zum Znacht kaufen wollen (hier einfach der Vollständigkeit halber…)
  • 19. Mai 2010
    Richte meine E-Mail-Accounts (GMX, Gmail und Hostpoint) auf dem N900 ein. Klappt gut, gute Unterstützung/Assistenz, schlägt dem User die geläufigsten Konfigurationen vor. Kann meine Mails einwandfrei abrufen und lesen. Habe nun für jeden E-Mail-Account einen separaten Zugriff.
    Nokia gaukelt zusätzlich einen Mail-Exchange vor. Weiss aber nicht, ob dies als Microsoft Exchange gesehen werden kann. Die Mails in meiner Firma kann ich auf jeden Fall nicht abrufen. Ob dies am antiquierten System der Firma liegt, weiss ich nicht.
  • 24. Mai 2010
    Der Akku hält immer länger. Ich kann nun einen guten Tag mit Telefonie und SMS unterwegs sein. Wenn ich exzessiv surfe, muss ich um ca 18:00 Uhr an die Stromquelle. Für mich reicht es vorerst.
    Abends probiere ich meine Kontakte abzugleichen. Nach 1 Stunde Aufwand klappt es immer noch nicht und ich verschiebe es auf morgen.
  • 27. Mai 2010
    Ich kann die Darstellung meines Handys auf mehreren Bildschirmen individuell darstellen. Jede Menge Shortcuts zu Kontakten, Programmen und Anwendungen sind so möglich. Hin- und herswitchen mit einem Fingerstrich. Coole Sache. Die Anwendungen können nicht wie bei Apple zentral von einem Ort heruntergeladen werden, sondern werden individuell in verschiedenen Repositorien runtergeladen. Man man hat also zuerst die verschiedenen Homepages mit dem Gerät zu verbinden.
  • 29. Mai 2010
    Das Betriebssystem ist erstaunlich schnell und es macht Spass darauf zu arbeiten. Der Bildschirm ist ein bisschen tricky. Ich habe noch nicht herausgefunden, wann und wie man klicken muss, damit es wirklich klickt. Notfalls hat man noch einen Stift zur Hilfe. Aber brauchen das die Smartphones von heute noch?
    Die Tastatur ist immer einfacher zu bedienen. Langsam aber sicher habe ich es im Griff. Was mir aber fehlt, ist eine „TAB-Taste“, um im Inernet zwischen verschiedenen Formularfeldern hin- und herswitchen zu können.
  • 30. Mai 2010
    Als Social-Network-Anwendung ist Facebook vorinstalliert. Sämtliche Meldungen sowie die neuesten Satusupdates werden auf dem gewünschten Screen mitgeteilt. Eine vernünftige Twitter-Anwendung ist weder vorinstalliert noch in einem Repository zu finden.
    Mache mich nochmal an die Aufgabe, die Kontakte aus Outlook abzugleichen. Es geht nun ein bisschen, kann via die in Google-Mail vorhandenen Kontakte einen Import machen. Leider werden die Formate der Daten irgendwie aber nicht korrekt wiedergegeben. Wenn meine Frau anruft, heisst es auf dem Display nun nicht „Käthi «Schnuggibutz» Hugentobler“, sondern einfach „Hugentobler, Frau“. Auch eine Möglichkeit. Aber so weiss ich dann nicht, ob meine Frau oder die Schwiegermutter anruft. Nach zwei Stunden gebe ich auf uns lasse es sein. Meine Schwiegermutter ruft eh nicht oft auf meine Handynummer an.
    Probiere, das Handy mit einer Hand zu bedienen. Mit viel Training sollte es irgendwann mal gehen.
  • 31. Mai 2010
    Probiere GPS aus. Mein Standort wird in sekundenschnelle gefunden und ist sehr präzis. Gutes Teil! Die Fotos werden übrigens automatisch gegeotagt. Die Bilder sind übrigens 5 MPixel-Bilder und in vernünftiger Qualität.
    Habe gehört, dass man das N900 auch als Radiosender benützen kann. Ich stelle im Handy eine bestimmte Frequenz ein und kann anschliessend im Autoradio die Musiksammlung in meinem Handy hören. Eine coole Sache!
  • 4. Juni 2010
    Heute soll ich die Kontaktsynchronisation zum Laufen bringen. Nehme mir extra viel Zeit dafür.
    Fehlanzeige. Wird das N900 wirklich mein künftiges Handy? Wohin mit meinen xhundert Kontakten? Ich bin verloren.
  • 9. Juni 2010
    Ich schaffe es, die Kontakte von Outlook 1:1 zu übertragen:
    -Export von Outlook nach Google Mail (am Desktop)

    Nun zum N900 wechseln:
    -Export von Google Mail ins Apple-Format. Auf einem Verzeichnist auf dem N900 abspeichern
    -Import dieser Datei in die Kontakte

    …und schon haben wir das Problem gelöst…

    Nun ist es das beste Handy der Welt!

  • 10. Juni 2010
    Den Kalender kann ich immer noch nicht von Google abgleichen.
  • 12. Juni 2010
    Erhalte ein Mail von Nokia mit der Aufforderung, die neue Softwarte fürs N900 zu installieren.
    Gehe geau nach Vorgabe vor, dh ich sichere die Daten, lade die neue Software, und sichere die Daten aufs Handy zurück. Hat wunderbar geklappt, bis auf ein ziemlich wichtiges Detail: sämtliche Einrichtungen wie Hintergrundbilder, Konfigurationen der Mail-Accounts müssen neu eingerichtet werden. Der Highscore von Mahjongg hingegen wurde wieder zurückgesichert – zum Glück!
  • 15. Juni 2010
    Schaffe es bis heute nicht, das Hand für meine Bedürfnisse zum laufen zu bringen
  • 16. Juni 2010
    Das Fazit:
    Nach einem Monat eifrigem Gebrauch des N900 ziehe ich Bilanz:

    Positiv:
    Dass sich das N900 vom üblichen iPhone-Hype abhebt ist grundsätzlich positiv. Ebenso die Linux-Software, die vielen Hobby-Entwicklern die Chance gibt, ihr Können für ein Handy einzusetzen. Der ganze Markt ist spannend und täglich gibt es in der Maemo-Community neue Programme.
    Die Kamera ist perfekt, zusammen mit dem tollen GPS und dem automatischen Geo-Tagging ergibt sich so eine wunderbare Kombination.
    Die eingebaute Tastatur ist sehr präzise. Wer dies nicht will, kann auch eine Bildschrimtastatur einblenden.
    Gewicht des Handys ist ok, das Querformat ist gewöhnungsbedürftig aber man kann gut damit arbeiten.
    Internet ist schnell und kann wie zu Hause benützt werden.
    Der eingebaute Ständer ist neckisch, so kann ich mein Handy immer auf dem Büro haben und sehe, wann ich eine SMS erhalten habe.
    Multitasking ist toll und hilft bei der täglichen Arbeit mit dem Handy wirklich!

    Negativ:
    Das Handy kommt unfertig zum Kunden: Es kann ja nicht sein, dass ich genau 4 Profile im Handy habe: Allgemein mit oder ohne Vibra, Stumm mit oder ohne Vibra. Hier muss es doch ab Fabrik eine viel bessere Möglichkeit geben, sprich eine Kombination mit SMS, Anruf, Stumm, laut, lauter etc. Man kann zwar ein entsprechendes Programm im www runterladen, aber das kann ja nicht die Lösung sein.
    Das Handy ist unzuverlässig: Manchmal kann ich es über den kleinen Schalter einschalten, dann wieder nicht, muss ein Batterienrausreset machen, dann tut es wieder.
    Fehlende Sychronisation mit Kalendern: Man kann mir nicht vorwerfen, ich sei mit einer negativen Grundhaltung an diesen Handytest rangegangen oder habe keine Zeit investiert – im Gegenteil. Aber auch nach dem Studium dutzender Seiten im www in verschiedenen Sprachen ist es mir bis heute nicht gelungen, einen automatischen Abgleich mit dem Kalender von Google zu machen. Dass ich die Kontakte über einen massiven Kunstgriff ins Gerät bringe, wird dem Normalo-User wohl auch nicht klar sein. Ganz klar untauglich.

Zusammenfassung: Das N900 ist das ideale Handy für den arbeitslosen Nerd, welcher Stunden und Tage investieren kann, um ein brauchbares Handy zu haben. Es ist klar nicht geeignet fürs Business, dh ich muss doch das Handy innert 3 Stunden so konfigurieren können, damit ich es als Arbeitsinstrument und nicht als Gadget einsetzen kann.
Ich werde mich wohl noch eine Woche damit nerven bzw. bei Fortschritten dies hier als Kommentar kundtun, aber schon bald werde ich wieder mein Sony Ericsson 990i in Betrieb nehmen, wo alles wunderbar funktioniert, aber halt nicht mehr auf dem letzten Stand der Technik ist. Dann werfe ich einen Blick auf das neue Apfeltelefon und werde wohl zu einem Jünger von Jobs mutieren.

Ich finde es spannend hier zu lesen wie es Nokia schafft, aus einem bekennenden Fan, einen Apple Kunden zu machen. Die Mängel des Produkts sind offensichtlich, es ist zu komplex, es kann vielleicht viel, aber die wesentlichen Dinge sind unmöglich einzustellen. Ich glaub ich werd meins mal an einem tristen Wintertag wie heute zerlegen.

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