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iPad, iWrong, ich lag falsch!

Ich denke weiterhin, dass das iPad die Welt des Home-Computers revolutionieren wird, aber ich lag komplett daneben mit meiner Behauptung dass das iPad mein MacBook ersetzen wird. Das neue iPad von Apple ist ein wundervolles, wenn auch unspektakuläres Stück Technik.

Christian Leu in seinem Stressless-Sessel ©2010 Esther Michel

Grundsätzlich liegt das Problem weniger beim iPad als bei meinem schweizweit bekannten Stressless Sessel. Dieser hat nämlich ein praktisches schwenkbares Tischchen für einen Laptop.

Und wenn man jetzt dieses Tischchen wegschwenkt kann man das iPad irgendwie in der Hand halten. Oder die Beine anwinkeln und es darauf legen, oder sich auf den Bauch legen und das iPad auf den Boden legen. Aber ehrlich gesagt, es gibt keine Position wo man intuitiv mit dem iPad arbeiten kann.


Hält man das iPad in einer Hand kann man nicht wirklich schreiben, will man ein Video schauen fehlt einem das Dock in das man das iPad stellen kann. Um das iPad als digitalen Bilderrahmen zu nutzen habe ich kurzum mein Museumsreifes Powerbook Duo von 1994 zum iPad Ständer umfunktioniert. Aber als digitaler Bilderrahmen ist das iPad eindeutig zu teuer.

Da ich primär Blogbeiträge, Videos, Screencasts und anderes produziere brauche ich ein Gerät zum produzieren. Und, hier die ganze Wahrheit, das iPad ist zum Konsumieren gedacht. Wie schon Jeff Jarvis in seiner Rede am Mittwoch in Berlin gesagt hat, Apple macht mit dem iPad Konsumenten aus uns. Und ich verstehe jetzt auch wieso er sein iPad wieder an Apple zurückgeschickt hat.

Doch der Reihe nach.

Highlights

Die Verarbeitung vom iPad ist wie wir es von Apple erwarten. Einzig das Apple Logo auf der Rückseite fasst sich komisch an. Irgendwie hab ich das Gefühl das könnte ein Schwachpunkt vom Gerät sein. Aber im ein kleines Detail in einer grossartigen Hardware. Das Aluminiumgehäuse wirkt stabil, der Touchscreen ist problemlos zu bedienen und im Gegensatz zu anderen Testern kann ich kein komisches Gefühl beim arbeiten damit verzeichnen.

In der mitgelieferten Software sind vorallem die Kalender- und die E-Mail-App herausragend. Die Aufteilung der Screens im Breitformat ist genial, genau so habe ich mir das immer vorgestellt. Einzig dass man in der Kalenderapplikation die Tage nicht einfach umblättern kann enttäuscht ein wenig. Vorallem wenn alle die den Kalender sehen als erstes intuitiv blättern was dann nicht funktioniert.

Dafür bietet die Maps Applikation einen Genuss der besonderen Art. Noch nie hat es soviel Spass gemacht sich durch die Luftaufnahmen zu bewegen, Streetview einzuschalten und sich umzusehen. Ein ganz neues Erlebnis.

Konsumieren

Mit dem iPad kann man super durch Websites surfen. Das Browsen ist schnell und intuitiv, einzig wenn neue Fenster geöffnet werden habe ich das Gefühl es sei ein wenig langsam. Vorallem wenn man auf bereits geöffnete Seiten zurückgreifen will wäre es einfacher, man könnte über Tabs anstatt über die Übersichtsseite direkt zugreifen. Das Lesen von Newsseiten wie den Newsnetz Websites ist ganz ordentlich. Die Auflösung macht Spass. Das Laden der Seiten geht schnell.

Aufgefallen ist mir, dass zum Beispiel in Facebook die Chats nicht erscheinen. Ansonsten natürlich das eine oder andere Problem wenn Websites mit Flash angereichert sind.

Im Bereich Video zeigt der integrierte Youtube Player wie man in Zukunft konsumiert. Nicht mehr seriell, von einer zentralen Stelle aus diktiert, wie dies beim Fernsehen war, sondern jeder stellt sich seinen Stream selber zusammen. Hier ist die Frage, wann Youtube auch komplette Serien und Spielfilme anbietet.

Die Qualität stimmt, und der User ist sicher bald bereit für diese Inhalte zu bezahlen. Oder Youtube überlässt dieses Business einfach Apple. Ich habe ja auch Testweise im iTunes Store einen Spielfilm ausgeliehen. Dieser kann während 30 Tagen angeschaut werden, einmal begonnen muss er aber innert 24 Stunden konsumiert werden.

Vom Bücher konsumieren, eigentlich eines meiner ursprünglichen Argumente für das iPad bin ich nicht mehr überzeugt. Die Möglichkeiten ein Buch zu lesen sind mit iBooks, der Kindle App und PDF Reader wie Goodreader zwar gegeben. Die Lesbarkeit ist ideal, und dennoch will bei mir keine Freude aufkommen. Grösstes Problem das ich nun sehe ist, dass ich mit einem elektronischen Gerät ins Bett gehe. Zu gross sind die Verlockungen nochmals in Twitter zu schauen, schnell was zu surfen oder in Facebook noch die Statusmeldung zu ändern.

Ich weiss, dies hat mit persönlichen Vorlieben und Eigenschaften zu tun, aber ich glaube es ist weitaus entspannender am Ende eines Tages noch zu einem Buch aus Papier zu greifen und sich für eine Stunde in eine andere Welt zu begeben.

Produzieren

Jetzt kommen wir zum letzten Punkt. Produzieren. Mein Killerargument im Januar war die Tastatur, und genau dort scheitert es. Mit dem iPad kann man zwar mehr oder weniger schnell schreiben, es macht aber keinen Spass! Und es wird auch keinen Spass machen mit einer externen Tastatur. Weil man dann nämlich die schlechtere Alternative hat als ein MacBook.

Man wechselt dann von der Tastatur auf den Schirm, was weitaus weniger praktisch ist als der Wechsel von der Tastatur auf das Touchpad. Ich habs zwar noch nicht getestet, aber im Endeffekt kann man es sich einfach nicht vorstellen. Das iPad im Dock, die Tastatur per Bluetooth oder angedockt verbunden. In beiden Fällen funktioniert das etwa zum schreiben eines E-Mails. Aber nicht zum Schreiben eines Blogbeitrages mit dem ständigen Wechsel zwischen Browser und Editor.

Hier muss man natürlich sagen dass das kleinste iPad mit einer externen Tastatur immer noch mindestens 400.- CHF günstiger sein wird als ein MacBook. Ein gutes Argument für den Consumer-Homecomputer-Nutzer.

Wer aber seine Kreativität beim Zeichnen und Designen auslebt findet mit dem iPad wiederum ein tolles Tool. Applikationen wie Adobe Ideas for iPad ermöglichen das Zeichnen direkt auf dem iPad. Ich bin überzeugt für jeden, der mit einem Bleistift umgehen kann eine tolle Lösung um Ideen und Sketches festzuhalten.

In Adobe Ideas für iPad abgezeichnetes Auto

Fazit

Es gäbe noch viel zu sagen, im Endeffekt bin ich überzeugt dass das iPad ein kommerzieller Erfolg wird. Der Normaluser wird damit Kontakt zu seinen Freunden halten, E-Mails schreiben, im Web surfen und Bücher lesen. Interessant auch die Analyse aus Cloudsicht von Andreas von Gunten.

Für mich steht fest, ein iPad zusätzlich zum MacBook und iPhone macht keinen Sinn. Ich kann kein Multitasking und so benutze ich doch lieber das MacBook und mache dort gleich alles. Deshalb überlege ich mir nun was ich mit dem iPad tun werde.